Am 7. Januar 2021 erschien unser 50. Buchtipp im Solinger Tageblatt in Form eines Frage-Antwort-Spiels:
Packende Geschichte zweier Brüder
Ein Tag wird kommen
Ingo: Von all den guten Büchern, die du im letzten Jahr gelesen hast, sei “Ein Tag wird kommen” das beste gewesen, hast Du gesagt. Wo und wann spielt der Roman, wer sind die Hauptfiguren?
Penelope: Das Buch spielt Anfang des 20. Jahrhunderts in einem verarmten Bergdorf in Italien. Das Leben der Menschen dort ist geprägt von harter Arbeit. Die Hauptfiguren sind das ungleiche Brüderpaar Lupo und Nicola, die trotz ihrer Verschiedenheit bedingungslos zueinander stehen. Lupo, der vor Kraft strotzt, für zwei arbeitet und sich schon bald gegen das vorherrschende System der Halbpachtschaft auflehnt, und Nicola, der körperlich eher schwache Bruder, der zur Schule geht. Dritte Hauptfigur ist die Äbtissin des Dorfes, die als Kind im Sudan entführt und später freigekauft wurde und sich im Kloster hochgearbeitet hat.
Ingo: Wird chronologisch erzählt? Wie ist die Sprache?
Penelope: Nein, nicht chronologisch. Es ist eher wie ein Puzzle, das den Leser aber nicht verwirrt. Am Ende ergeben die einzelnen Teile eine unglaubliche, überraschende Geschichte, die die Einzelschicksale zu einem Ganzen zusammen fügt. Die Sprache ist bildgewaltig, aber ohne Pathos. Der Autorin gelingt es italienische Zeitgeschichte, angefangen im Jahre 1910, über den Ersten Weltkrieg bis zur Spanischen Grippe beeindruckend mit den Schicksalen der Hauptfiguren zu verweben. Mein Buch des Jahres.
Giulia Caminito, Ein Tag wird kommen, aus dem Italienischen von Barbara Kleiner, Wagenbach Verlag 2020, 264 Seiten, 23,- €