Eine Biographie oder eher eine Biographische Skizze, erzählt im wohlwollenden Stil einer Heldengeschichte – und am Ende dann ein „melancholischer Abgesang“:
Jens Nordalm “Der schöne Deutsche – Gottfried von Cramm”
Ein ausnehmend schön gestaltetes Buch. Kulturgeschichte. Sportgeschichte, Politikgeschichte.
Und sehr viel interessanter als erwartet.
Es bleibt ein eigenartiger Eindruck von: in weiter Ferne so nah.
Ein Blick auf viele Daten und Details, aber Cramm ist nur von sehr weit außen zu erahnen.
Anscheinend keine Selbstzeugnisse, keine Tagebücher, kaum Briefe, keine (zumindest zitierten) Interviews – verständlich, wenn Bekundungen von Begegnungen und Beziehungen in dieser Zeit zu Beweismitteln von Strafbeständen werden konnten.
So entstehen im Nachklang die üblichen Kämpfe um Deutungshoheiten und die Gefahr ist groß, dass diese Art von Leben der Geschichte entgleiten.
[Deshalb braucht es ja auch literarische Könner wie Alan Hollinghurst, die in der Lage sind sich diesen Formen von Verschwinden entgegenzustellen. Die Kämpfe um die Deutungshoheiten hat er virtuos durchgespielt in „The Stranger’s Child“ (deutscher Titel „Des Fremden Kind“)]
Und zum Ende dann ein melancholischer Abgesang:
„Aber es legt sich über dieses Leben dann doch Stück für Stück und Jahr für Jahr eine altbundesrepublikanische Biederkeit“ (Seite 246)
„Die oben herausgearbeitete Geschichte seiner Lieben bis zu Jean-Pierre Albans Tod 1973 ist dabei die fortdauernde nonkonformistische Unterströmung dieses Lebens – und man muss sie unbedingt mit in die Bilanz nehmen, wenn nach außen hin dieses Dasein nun oft so ganz anders klingt und schmeckt.“ (Seite 246)